Ein Naturbad gibt es nicht von der Stange

Ebracher sammelten Eindrücke in Lenggries - Oberbayern zufrieden mit Entscheidung

EBRACH.
In ihrem Ansinnen, die Örtliche Schwimmstätte durch die Umgestaltung zum Naturbad zu retten, dürften die Ebracher nun bestärkt sein. Dies, nachdem eine Delegation aus Gemeinderäten, Mitgliedern der Initiative zur Baderhaltung und interessierten Bürgern sich im nächst gelegenen "Referenzbad" - in Lenggries - umgesehen hatte.

von Anette Schreiber

In der gesamten Bundesrepublik existieren bislang nur etwa 30 Naturbäder. Diplom-Ingenieur Claus Schmitt von der Wasserwerkstatt Bamberg hatte im Zusammenhang mit der dringend erforderlichen Sanierung fürs Ebracher Freibad einen Vorentwurf für die Umgestaltung erstellt, die eine um gut eine Million Euro günstigere Alternative zur Sanierung als herkömmliches Bad (mit diffiziler chemisch-physikalischer Aufbereitung) darstellt in der Sondersitzung, in welcher der Entwurf vorgestellt worden war (der Fränkische Tag belichtete), wurde die Idee geboren,, sich nach dein Felsenbad Pottenstein ein weiteres Naturbad anzusehen, bevor man endgültig entscheidet. Die Wahl fiel deswegen auf das Bad in Lenggries, da das österreichische Planerbüro der Bamberger Wasserwerkstatt das dortige Bad konzipierte, Ingenieur Schmitt begleitete die Ebracher und gab vor Ort gemeinsam mit dem dortigen Bürgermeister Werner Weindl und dem fürs Bad zuständigen Techniker (vom Bauamt) Ralf Kirchgatter Aufschluss. Wie das Oberhaupt der oberbayerischen 9200-Einwohner-Gemeinde verdeutlichte, habe man sich im Jahr 2000 in einer ähnlichen Situation befunden wie nun Ebrach: Da die Sanierung auf herkömmliche Weise zu teuer geworden wäre, sei nur die Wahl zwischen "Zumachen" und der Umgestaltung zum Naturbad geblieben. Die Sanierung als konventionelles chemisch- physikalisches Bad hätte 2,5 Millionen Mark gekostet. Für die Umgestaltung zum Naturbad musste man eine Million zahlen, was vertretbar gewesen sei Mit der Entscheidung fürs Naturbad habe man richtig gelegen, zeigte er sich zufrieden. Die Kritiker seien verstummt, die Besucherzahlen gleich in der ersten Saison von vorher 15 000 auf 23000 angestiegen, "Das Naturbad ist die Attraktion, wir haben großen Zulauf".

Zwar sei diese Form der Bäder immer noch Neuland und man müsse vieles, wie beispielsweise den effektivsten Schnitt der Pflanzen (im Filter und Regenerationsbereich), die Bekämpfung oder natürliche Maßnahmen zur Vermeidung der Algen "einfach ausprobieren". Es habe aber bislang kein Problem gegeben, das man nicht in den Griff bekommen habe. Und auch das zuständige Gesundheitsamt habe nach anfänglicher Skepsis den Beprobungsturnus von wöchentlichen Untersuchungen auf eine Probe im Monat vergrößert, Mit dem natürlichen Selbstreinigungsmechanismus durch die Pflanzen und Kleinstlebewesen ist man in Lenggries zufrieden. Der Technikaufwand sei minimal. Man benötigt im Wesentlichen zwei Pumpen und einen Kompressor. Dies dafür, um das Becken mit Sauerstoff zu durchströmen, dem Regenerationbereich zuzuleiten und es zum Pflanzenfilter auf der Anhöhe hochzupumpen. Die Wassertemperatur stellt keinerlei Problem dar. Sie sei konstant und heizen braucht man nicht. Der Wasserverbrauch sei zurückgegangen, das Wasser bleibe praktisch die ganze Saison im Becken, da die (Selbst-) Reinigung hervorragend funktioniere, Vormals musste man alle sechs Wochen ablassen und neu einfüllen, was. eine mehrtägige Badepause bedeutete. Und jeden Tag musste man 200 Kubikmeter neu zuführen. An Spitzentagen sei das nunmehr lediglich 60 Kubikmeter. Als einen wichtigen Aspekt hoben die Lenggrieser die Farbe der Folie im Becken hervor. Eine helle sorge für eine bessere Sichttiefe (und damit mehr Sicherheit) sowie auch eine attraktivere Optik.

Nach einer ausgiebigen Besichtigung und Einzelgesprächen mit den Schwimmmeister Josef Willibald und Josef Demmel testete die Steigerwald-Delegation das Bad in der Praxis. Von der "Weichheit" des Wassers waren die meisten begeistert, Bürgermeister Max-Dieter Schneider war erfreut über die offene Art der Lenggrieser. So könne man aus Fehlern andernorts für Ebrach lernen. Wie Verwaltungschef Walter Hanslok es formuliert, gibt es kein "Naturbad von der Stange". Ebrachs Schwimmmeister Peter Müller zeigt sich überzeugt, die Algenproblematik in den Griff zu bekommen. Und auch die- Vorsitzende der Schwimmbad-Initiative, Ina Wiedemann, sieht sich in der Favorisierung des Naturbades bestärkt. "So was würde gut ins Weiherseetal passen". Sohn Wilhelm fand das Lenggrieser Wasser besser als das mit Chlor. Für ein Ebrachei Naturbad wünscht er sich allerdings - wie viele weitere Kinder - ein Sprungbrett, Auch das wird in die Überlegungen ein fließen.

aus "Fränkischer Tag" vom 26. Juni 2002 / Ein Naturbad gibt es nicht von der Stange